65-Das Brot miteinander teilen?

Radioclip en texto sin audio grabado.

Raquel Wir befinden uns weiterhin in der Abendmahlskirche. Über das Handy bekommen wir viele Rückmeldungen. Einige beglückwünschen uns, andere sind entrüstet. Gerade, als die Mikrofone abgeschaltet waren, formulierten Sie, Jesus Christus, einen ironischen Kommentar. Könnten Sie den bitte wiederholen?
Jesus Ich sagte: Wenn wir geahnt hätten, was aus jenem Abend- mahl gemacht wurde, dann hätten wir lieber weiter fasten sollen!
Raquel Spaß beiseite. Wie war das eigentlich mit dem Heiligen Paulus und dieser Sache, die in einer Gemeinde, ich glaube in Korinth, passierte? Was ist dort genau geschehen?
Jesus Ich habe es nicht selbst gesehen, denn ich war schon ge- gangen. Aber es wurde mir erzählt.
Raquel Und was erzählte man Ihnen?
Jesus Es war in Korinth. In dieser Stadt, von der ich nicht einmal weiß, wo sie liegt. Man versammelte sich, um Gott Dank zu sagen. Und während einige aßen und sich überfraßen, litten andere Hunger. Paulus kritisierte sie. Völlig zu Recht. Was ist das für eine Gemeinschaft, in der es Arme und Reiche gibt? Könnten Moses und der Pharao gemeinsam Passah feiern? Die Unterdrückten zusammen mit den Un- terdrückern?
Raquel Dann ist es besser, Sie schauen nicht in einer christlichen Kirche vorbei, denn dort würden Sie einige Überraschun- gen erleben: Plätze in der ersten Reihen, die für die reichs- ten Familien reserviert sind. Die Weißen in der ersten Rei- he, die Schwarzen in den hinteren Bänken. Weiße vorn, Indios hinten.
Jesus Das gibt es?
Raquel Schlimmer noch. Sie geben das geweihte Brot Diktatoren, Mördern und Folterern und sie verweigern es den Frauen, nur weil sie geschieden sind.
Jesus Wirklich?
Raquel Wenn Sie wüssten …

Jesus Raquel, du hast vorher von Substanz gesprochen. Die Sub- stanz, die sich ändern muss, ist nicht die des Brotes, son- dern die des Herzens. Ein neues Herz muss entstehen, fä- hig zu lieben, zu teilen.
Raquel Aber eins würde ich doch noch gern wissen, Jesus Christus: Wenn Sie an jenem Gründonnerstag nicht die Eucharistie eingesetzt haben, was tun dann die Priester in Ihrem Na- men, wenn sie die Messe feiern?
Jesus Ich stelle mir vor, dass sie den Armen die gute Nachricht, die frohe Botschaft verkünden. Das ist es, was sie in Erin- nerung an mich feiern sollten.
Raquel Und die magischen … ich meine, die geheimnisvollen Wor- te, die die Priester sprechen, damit Gott vom Himmel herabkommt, um sich auf dem Altar in der Hostie oder im Tabernakel zu verstecken?
Jesus Du stellst die richtigen Fragen, Raquel. Gott hat dir Ver- nunft und Herz geschenkt. Und den Hörerinnen und Hö- rern deiner Sendung auch. Glaubst du, dass Gott, der nicht ins Universum hineinpasst, sich für so einen Trick zur Ver- fügung stellt? Wie klein wäre dieser Gott? Es wäre ein Gott des Abrakadabra, so wie jener Zauberer, den Philippus in Samarien getroffen hat.
Raquel Wenn ich Sie recht verstehe, zerstören Sie gerade die ge- samte eucharistische Theologie. Was wird dann aus den Prozessionen mit dem Allerheiligsten Altarssakrament, aus Tabernakeln und Kelchen, aus der ewigen Anbetung? Und was ist mit den liturgischen Liedern, dem Konzil von Trient und der Sonntagsmesse?
Jesus Spürst du den Wind, Raquel? Du kannst ihn nicht einfan- gen, denn er weht, wo er will. Ebenso kannst du Gott nicht in einen Tempel einschließen, nicht in ein Stück Brot und auch nicht in einen Becher Wein.
Raquel Ich habe tausend Fragen, aber ich weiß nicht, wo ich an- fangen soll.
Jesus Das Größte hat Gott im Einfachsten offenbart, Raquel Im Brot, im Wein. Und in der Gemeinschaft, wenn das Brot und der Wein geteilt werden, wenn alles gemeinsames Ei- gentum wird, dann wird Gott präsent.

Raquel Freundinnen und Freunde, verlieren Sie nicht den Glau- ben! Und bleiben Sie dran. Aus Jerusalem für Emisoras La- tinas: Raquel Pérez.